Usability Pattern Papierkorb
Problem Benutzer löschen bestimmt Daten, stellen aber zu einem späteren Zeitpunkt fest, dass sie die Daten doch noch benötigen.
Lösung

Erlaube Benutzern, Daten zunächst vorläufig zu löschen und in einen „Papierkorb“ zu verschieben.

Beim vorläufigen Löschen verschiebt das System aus Sicht der Benutzer die Daten von ihrem ursprünglichen Speicherort (z.B. einem Ordner oder einer Liste) in einen virtuellen Papierkorb. Benutzer erreichen damit ihr Ziel, nicht mehr benötigte Daten zu entfernen. Gleichzeitig ermöglicht der Papierkorb Benutzern, diese Daten zu einem späteren Zeitpunkt wiederzuerlangen, wenn diese doch noch benötigt werden oder z.B. irrtümlich gelöscht wurden.

Erlaube Benutzern, den aktuellen Inhalt des Papierkorbs anzuzeigen. Biete Benutzern die Möglichkeit, einzelne oder alle Daten im Papierkorb endgültig zu löschen oder wiederzuherstellen, d.h. an ihren ursprünglichen Speicherort zurück zu verschieben.

Benutzer sollten klar erkennen können, ob Daten beim Löschen nur in den Papierkorb verschoben oder direkt endgültig gelöscht werden. Das System kann Benutzern beim Löschen z.B. auch die Wahl zwischen beiden Varianten lassen.

Um zu verhindern, dass zu viele Daten dauerhaft im Papierkorb verbleiben, kann das System den Papierkorb auch regelmäßig automatisch leeren. Benutzer sollten in diesem Fall darüber informiert werden, dass vorläufig gelöschte Daten nur für eine bestimmte Zeit im Papierkorb bleiben und nach Ablauf dieser Zeit endgültig gelöscht werden.

Beispiele
Windows 7: Papierkorb für gelöschte Dateien
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Windows 7: Papierkorb für gelöschte Dateien

Windows 7: Papierkorb

Windows 7 stellt einen Papierkorb für gelöschte Dateien und Ordner zur Verfügung. Löscht ein Benutzer eine Datei oder einen Ordner, wird dieser im Normalfall nicht endgültig gelöscht, sondern in den Papierkorb verschoben. Benutzer können den Inhalt des Papierkorbs anzeigen lassen und einzelne Dateien oder Ordner wiederherstellen (im Bild im Kontextmenü erkennbar). Benutzer können den Papierkorb auch komplett „leeren“, also alle enthaltenen Dateien und Ordner endgültig löschen.



Google Mail: E-Mail-Papierkorb
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Google Mail: Papierkorb für gelöschte E-Mails mit automatischer Löschung nach 30 Tagen

Google Mail: Papierkorb

Beim Löschen von E-Mails in der Webmail-Anwendung Google Mail werden diese zunächst in den Papierkorb verschoben. Benutzer können die E-Mails dort weiterhin lesen, wiederherstellen oder auch endgültig löschen. Benutzer können auch den Papierkorb leeren und auf diese Weise alle enthaltenen E-Mails in einem Zug endgültig löschen. Nach 30 Tagen werden E-Mails, die sich im Papierkorb befinden, automatisch vom System endgültig gelöscht. Google Mail weist auf dieses Verhalten explizit hin.



Nutzungskontext
  • Systeme, in denen Benutzer mit Datenobjekten (z.B. fachlichen Datensätzen) arbeiten, die einzeln gelöscht werden können.
Begründung

Ein Papierkorb erhöht das Vertrauen der Benutzer in die Arbeit mit dem System. Ein versehentliches Löschen von Daten führt nicht automatisch zu Datenverlust, sondern kann bequem und auch zu einem späteren Zeitpunkt rückgängig gemacht werden. Da auf diese Weise unnötige Mehrarbeit vermieden wird, können Benutzer effizienter mit dem System arbeiten.

Gestaltungsgrundsätze Steuerbarkeit, Fehlertoleranz
Risiken, Nachteile, Kosten

Benutzer müssen stets erkennen können, wenn Daten nicht endgültig gelöscht, sondern zunächst in den Papierkorb verschoben werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass z.B. vertrauliche Daten im Papierkorb erhalten bleiben, obwohl Benutzer sie unwiderruflich löschen wollten.

Enthält der Papierkorb zu viele Daten, können Benutzer die Übersicht verlieren und Daten, die sie wiederherstellen möchten, nicht mehr finden. Das System sollte darum eine angemessene Darstellung der Papierkorb-Inhalte anbieten, z.B. eine Sortierung nach Löschdatum, um Benutzern das Auffinden gelöschter Daten zu erleichtern.

Der Papierkorb verleitet Benutzer dazu, Daten nur vorläufig zu löschen. Diese Daten nehmen je nach Typ jedoch unter Umständen weiterhin viel Speicherplatz ein, der nicht für andere Zwecke zur Verfügung steht. Das System sollte Benutzer deshalb informieren, wenn der Papierkorb zu voll wird, und sie auffordern, Daten aus dem Papierkorb endgültig zu löschen.

Besonders Expertenbenutzer können durch ständige (modale) Hinweise beim Löschen von Daten in ihrer Arbeit behindert werden. Das System sollte diesen Benutzern die Möglichkeit geben, Hinweise auf das Verschieben von Daten in den Papierkorb zu deaktivieren; alternativ sollte das System den Hinweis so anzeigen, dass Benutzer nicht in ihrer Arbeit unterbrochen werden.

Zusammenspiel

Abhängigkeit Warnung

Beim Leeren des Papierkorbs sollte das System eine Warnung anzeigen und Benutzer darauf hinweisen, dass die Daten endgültig gelöscht und die Aktion somit nicht rückgängig gemacht werden kann.

Ergänzung Globales Undo

Mit einem globalen (oder alternativ einem objektbezogenen ) Undo kann das System Benutzern erlauben, auch das Verschieben von Daten in bzw. das Wiederherstellen von Daten aus dem Papierkorb rückgängig zu machen, ohne dazu den Papierkorb anzeigen zu müssen.

Anforderungserhebung Prüfe, ob im System Datenobjekte einzeln verwaltet und gelöscht werden.
  • Welche Arten von Datenobjekten sollen beim Löschen zunächst vorläufig in den Papierkorb verschoben werden?
  • Bestehen Gründe gegen die Verwendung eines Papierkorbs, z.B. Anforderungen des gesetzlichen Datenschutzes oder die Vertraulichkeit der zu löschenden Daten?
Anforderungsspezifikation

Spezifiziere globale Anforderungen für das Usability Feature „Papierkorb“ des Systems:

  • Globaler ParameterStrategieBenötigt
    Vorgabe der Papierkorb-Strategie: Festlegung, wie der Papierkorb beim Löschen von Daten einbezogen wird.
    Beispiel: „ Beim manuellen Löschen von Daten durch Benutzer fragt das System Benutzer, ob diese in den Papierkorb verschoben oder endgültig gelöscht werden sollen. Benutzer können eine der beiden Alternativen als Standardverhalten festlegen. Beim automatischen Löschen von Daten verschiebt das System diese stets in den Papierkorb. “
  • Globaler ParameterPapierkorb-InhaltBenötigt
    Vorgabe der Arten von Datenobjekten, die in den Papierkorb verschoben werden können.
    Beispiel: „ Fachliche Datensätze der Bestellverwaltung: Kunden, Artikel, Bestellungen, Rechnungen “

Spezifiziere globale Funktionen (Use Cases) für das Usability Feature „Papierkorb“ des Systems:

  • Globale FunktionPapierkorb leerenBenötigt
    Use Case, mit dem Benutzer alle oder einzelne Daten im Papierkorb endgültig löschen können. Akteur kann auch ein Zeitgeber/Timer sein, der nach einem gewissen Aufbewahrungszeitraum Daten automatisch (ggf. auch ohne Rückfrage an den Benutzer) aus dem Papierkorb entfernt.
  • Globale FunktionDaten wiederherstellenBenötigt
    Use Case, mit dem Benutzer einzelne oder alle im Papierkorb enthaltenen Daten wiederherstellen können.

Spezifiziere, in welchen Interaktionen zwischen Benutzern und System das Usability Feature „Papierkorb“ eingesetzt werden soll. Annotiere und ergänze dazu vorhandene Use Cases in der Spezifikation:

  • Annotation @ Schritt PapierkorbBenötigt
    Das System soll Daten in diesem Schritt nicht endgültig löschen, sondern in den Papierkorb verschieben.
Architekturentwurf

Die Systemarchitektur muss das vorläufige Löschen von Daten unterstützen. Dies kann durch spezielle Papierkorb-Datenhierarchie erfolgen, in die vorläufig gelöschte Daten verschoben werden; hierfür kann das Kompositum-Entwurfsmuster (composite pattern) verwendet werden. Alternativ können vorläufig gelöschte Objekte in der regulären Datenhierarchie belassen, aber speziell markiert werden (deleted flag) . In diesem Fall können vorläufig gelöschte Daten z. B. durch eine entsprechende Filterung eingeblendet werden.

Daten müssen vom System wiederhergstellt und endgültigt gelöscht werden können. Zusätzlich sollte sichergestellt werden, dass umfangreiche Papierkorb-Inhalte die Leistung des Systems nicht beeinträchtigen. Dies kann etwa durch Löschaufforderungen an Benutzer oder eine automatische Komprimierung der Daten unterstützt werden.